Wir alle lieben doch Geschichten anderer Menschen, deren Erlebnisse und Erkenntnisse, und einen Blick hinter die Kulissen… oder?
Ich zumindest bin ein sehr neugieriger Mensch und frage gerne und viel nach. Mein Weg zur Selbstständigkeit war auch genau davon geprägt: Eindrücke von Personen, die mich hinter die Fassade haben blicken lassen. Die mir ihren Weg samt Tipps und Inspiration erzählt haben. Und genau deshalb möchte ich hier jetzt auch meinen Weg zum eigenen Business erzählen.
Vorneweg...
Ein bisschen surreal ist es schon, dass ich jetzt hier sitze und das schreibe. Denn der Weg zur Gewerbeanmeldung war bei mir ein langer. Sehr langer. Ich meine – ihr versteht schon. Ich habe mich eben vorbereitet! Und ich kann jetzt schonmal sagen, dass ich es immer wieder so machen würde.
Die Basics: Meine Ausbildung
Den Beruf als Mediengestalterin übe ich schon einige Jahre aus. Als ich nach dem Abi überlegt habe, womit ich mein Geld verdienen möchte, gab es für mich zwei Möglichkeit: Mit etwas Sozialem oder mit etwas Kreativen. Relativ schnell habe ich dann aber gemerkt, dass mein Hauptbroterwerb nicht daraus bestehen kann, jeden Tag zu 100% präsent für andere da zu sein (zum Beispiel als Psychologin, Lehrerin etc.) So fiel die Wahl auf „das Kreative“.
Kürzen wir ab: Ich habe recherchiert, nach den Optionen und Angeboten in meiner Nähe gesucht und bin letztlich durch eine Freundin auf die Ausbildung „Mediengestalterin Digital und Print“ gekommen. Studieren kam damals leider nicht infrage, da meine potenziellen Unis alle Privatschulen waren und horrende Gebühren verlangt haben, die ich mir nicht leisten konnte.
Dankbarerweise wurde ich aber auch so ziemlich schnell an einer Berufsschule angenommen und habe noch eine Agentur dazu gefunden, die sich hauptsächlich auf Webdesign spezialisiert hat und mit mir arbeiten wollte. Und so ging die Reise los!
Agenturleben
Ich habe ziemlich schnell gemerkt, dass Design mein Ding ist. Und ich war auch heilfroh, dass ich mich im Gegensatz zu einigen Mitlernenden nicht für eine Ausbildungsstelle in einer Druckerei entschieden habe. Gestalten, erschaffen, Ideen aufs Papier bringen – das ist mein Ding. Nach dem ersten Arbeitstag in der Agentur habe ich übrigens geheult, weil ich stundenlang ein Muster am Computer nachgebaut habe, was es letztlich dann doch schon als Datei auf dem Server gab – haha! Stundenlang sinnlose Arbeit. Das hat mich aber geprägt und mir gleich eine gewisse Frusttoleranz aufgezeigt, die man als GestalterIn unbedingt braucht.
Hätte man mich damals gefragt (hat man bestimmt auch), wie es mit der Arbeit weiter gehen soll, hätte ich bestimmt gesagt: Hier bleibe ich für immer und ewig! Nette Kollegen, coole Aufgaben, Abwechslung – was will man mehr. Aber ihr wisst’s ja selber, man wird älter und klüger. Man schaut sich um und sieht, was noch so geht. Was andere Agenturen, FreundInnen und Firmen so treiben. Die Frage nach einer möglichen Selbstständigkeit habe ich trotzdem übrigens wehement verneint. „Niemals! Das ist nichts für mich.“
Umschwung
Das Leben nimmt seine Kurven, Umwege und Hochs mit Tiefs. So bin ich also doch noch in der ein oder anderen Agentur gelandet. Und ich bin rückblickend sehr dankbar dafür, denn durch diese Einblicke keimte langsam die Zuversicht auf: „Was die machen, kann ich auch!“
Ich kann nur für mich sprechen, aber ich bin mir sicher, KollegInnen unter euch kennen das auch: Man muss erstmal seinen eigenen Platz und Stil finden. Und irgendwann ist bei mir der Knoten geplatzt, und er rief dabei: „Julia, das, was du da machst – deine Designs, deine Spaßprojekte, deine Ideen – das ist kein Firlefanz. Das ist ein schlüssiger Stil. Der ist gefragt, der bist du, der ist etwas eigenständiges und hat seine Berechtigung!“ Das war eine ganz schöne Erlösung.
Fühler Ausstrecken
So begann ich, langsam meine Fühler auszustrecken. Womit könnte ich mich genau selbstständig machen, mit welcher Nische? Wie möchte ich das ganze finanziell regeln – hauptberuflich oder neben dem Job? Wie stelle ich mir überhaupt meinen neuen Alltag vor?
Letztere Frage hat ganz schön viel ans Tageslicht gebracht. Die Träume sprudelten nach und nach hervor und ich habe überhaupt erstmal gespürt, was ich mir all die Jahre im Dunkeln erträumt habe. Ich wusste: Ich kann auf diesem Weg glücklich werden. Ich möchte wirklich mein eigenes Ding machen. Ich möchte arbeiten, wann, wo und wie ich möchte. Der absolute gamechanger war für mich der Gedanke: Ich möchte für meine eigenen Ziele arbeiten, nicht für die Ziele eines anderen.
Zwei Jahre lang habe ich mich auf dieses Thema dann intensiver vorbereitet. Ja, ihr lest richtig: Zwei Jahre. Im Januar 2020 habe ich beschlossen, meine Energie jetzt in mein eigenes Business zu stecken und habe mit den grundlegensten Gedanken begonnen: Was möchte ich anbieten? Wie soll die Firma heißen? Welches Branding, welche Ausstrahlung möchte ich haben? Wie möchte ich mich vermarkten? Wen möchte ich anziehen? Zielgruppe, Personas, Markt checken, … es gehört einiges dazu, falls man nicht der Typ „einfach mal drauf los machen“ ist.
In dieser Zeit wurde die Welt dann von einer Pandemie erfasst, die die Hochzeitsbranche erstmal ziemlich lahmgelegt hat. Ich war mir der Sache nicht mehr ganz so sicher und habe mir einen Teilzeit-Job als Rückversicherung gesucht. So dachte ich zumindest. Denn leider konnte ich dort nicht lange bleiben. Da kam mir der Gedanke: Wenn nicht mal ein festes Anstellungsverhältnis eine gewisse Sicherheit gibt… dann kann ichs jetzt auch Vollzeit angehen!
Die Gründung
Das Ziel stand fest: Vor meinem 30. Geburtstag und dem neuen Lebensjahrzehnt mein Gewerbe anmelden. Manche geben ja den Tipp, ein Gewerbe einfach schon mal anzumelden und zu schauen, was kommt – kost‘ ja nix! Nicht mit mir. Ich wollte alles bereit haben: Website, Corporate Design, Angebote und Produkte, erste Posts für Social Media… Einfach alles, um ab Tag 1 der Gründung Geld verdienen und mich bewerben zu können. So habe ich es gemacht, und würde mich auch immer wieder dafür entscheiden.
Schließlich habe ich gegründet, im April 2022, zwei Wochen vor meinem Geburtstag. Und was soll ich sagen? Es war aufregend, aber auch ungewohnt. Hart und seltsam, sich der Welt zu öffnen. Meine eigenen Designs, und damit auch ein Stück von mir selbst, in die Welt zu tragen. Und damit zu sagen: Guck mal, das kann ich. Das mache ich. Das ich mein Können, mein Stil, mein Herzblut. Was, wenn keiner etwas von mir möchte? Wenn meine Designs nicht modern genug sind und nicht mithalten können? Wenn mich keiner findet, oder die Preise zu hoch sind?
Aber das Gute ist ja: Wenn ich nicht weiter mache, werde ich auch nie rausfinden, ob eine dieser Sorgen stimmt. Und so halte ich es auch jetzt noch. Ich hab den unbedingten Drang, herauszufinden, was das Business noch bereit hält.
Anlauf & Ausblick
Zu meinem großen Glück ist die Sache aber sehr gut angelaufen. Ich habe die allermöglichsten Leute auf Instagram angeschrieben, um mich zu vernetzen. (Wichtig dabei: Nicht einfach random hier und da eine Nachricht schreiben, am schlimmsten noch per Copy&Paste! Ich schreibe nur an, an wem ich wirklich ehrlich interessiert bin und mit dem ich mich verbinden möchte.) So bin ich nach und nach in die Hochzeitsbranche meiner Umgebung gerutscht und bin total dankbar, was sich daraus (jetzt schon!) alles ergeben hat.
Ich bin rückblickend so dankbar über diesen Weg, die ganzen Zweifel, die Fragezeichen und den ungeheuren Mut, den ich aufgebracht hat. Auch, wenn euch Leute etwas anderes einreden wollen: Es ist nicht leicht, ein Business zu gründen. (Und die, die das behaupten, haben oft nicht mal eins, sondern sind Angestellte.)
Was mich am meisten freut, ist, dass mir keine Grenzen gesetzt sind. Ich sehe das Business als etwas fluides, etwas, was sich entwickeln darf. Ich habe so viele Ideen, die sich nach und nach entwickeln dürfen, die dazu kommen können, oder aus denen sich vielleicht sogar nochmal eine eigene Neugründung ergibt. Ich kann arbeiten, wann und wie ich möchte. Ich kann umziehen, mir einen Hund ins Leben holen, meinen Alltag völlig neu planen und strukturieren. Das kann auch alles total beängstigend sein, das ist klar. Und viele erschreckt auch genau das: Diese Selbstorganisation, dieses Hinterfragen „Wie was wo will ich ab jetzt weiter machen“. Und auch für mich ist es nicht immer ein Spaziergang. Ich will aber unbedingt daran fest halten und mir noch ein paar Träume erfüllen.
Schlusswort to be continued
Vielleicht ist es auch ein wenig verrückt, schon einige Monate nach der Gründung einen Artikel über diesen Weg zu schreiben. Denn es liegt noch so viel vor mir, und vielleicht wird sich das eine oder andere noch als großer Fehler oder Learning herausstellen. Aber man kann doch immer mal innehalten und zurück blicken, oder?
Außerdem wäre eine Aktualisierung dieses Artikels in ein paar Monaten/Jahren doch auch eine spannende Sache. Wie sehe ich die Dinge dann? Was hat sich geändert?
Jetzt hoffe ich erstmal sehr, dass der Beitrag für den einen oder anderen spannend war: Wer mich schon kannte, weiß jetzt sicher mehr über mich. Und wer noch nichts von mir wusste, hat jetzt gleich ein paar spannende Einblicke bekommen. Vielleicht ist ja auch jemand von euch jetzt motivierter als zuvor, den eigenen Traum in die Tat umzusetzen? Das würde mich total freuen. Wie jemand mal zu mir sagte, wiederhole jetzt ich selbst: „Selbstständigkeit kann hart sein. Sie ist aber jede Hürde wert.“